Die ältesten Hinweise auf das Vorhandensein einer Orgel in Lengenfeld liegen fast 400 Jahre zurück. Im Jahr 1622 wurde ein Vertrag zwischen Bürgermeister, Kirchenvorstand und Präzeptor (Lehrer) Johannes Brendel aus Mechelgrün geschlossen, um ein Orgelpositiv (Kleinorgel ohne Pedal) anzuschaffen. Der Dienst an der Orgel musste von auswärtigen Organisten übernommen werden, weil eigene Spieler in Lengenfeld damals noch nicht zur Verfügung standen. Das änderte sich im Jahr 1629. Ein Bericht über die Bezahlung des Schulmeisters für Orgeldienste lässt den Schluss zu, dass man nun nicht mehr auf die Hilfe auswärtiger Organisten angewiesen war.
Die schlimme Zeit des 30-jährigen Krieges hinterließ auch in Lengenfeld seine Spuren. 1633 wird von starker Beschädigung des Orgelpositivs durch Kriegseinwirkungen berichtet. Als Ersatz für das beschädigte Instrument wurde 1652 ein anderes kleines Orgelwerk auf der Empore aufgestellt. 1660 konnte neben dem Schulmeister auch noch ein Organist angestellt werden. Als im Jahr 1723 die Kirche erweitert wurde, war auch ein Orgelneubau geplant. Dieser wurde dann von den Brüdern Johann Tobias und Johann Christian Dressel aus Falkenstein (oder Buchholz) ausgeführt. Die neue Orgel hatte zwei Manuale, Pedal, 24 Register und 4 Bälge. Vermutlich war die Finanzierung des Orgelneubaus recht schwierig, denn die Bemalung der Orgel wurde erst 18 Jahre später durch Christian Friedrich Zimmermann aus Plauen ausgeführt. In den nächsten Jahrzehnten erfolgten immer wieder viele Reparaturen und auch kleinere Umbauten. 1828 wurde in einem Gutachten der Zustand der Orgel als sehr schlecht eingeschätzt. Ein Orgelneubau kam zum Glück noch nicht zustande, denn der große Stadtbrand von 1856 legte einen Großteil der Wohnhäuser, so auch Rathaus, Schule und Kirche in Schutt und Asche.
Nach dem verheerenden Stadtbrand 1856 begann man 1859 mit dem Neubau einer großen Kirche, welche am 4. September 1864 zusammen mit der neuen Orgel geweiht werden konnte. Erbauer des neuen Orgelwerkes war Wilhelm Fürchtegott Jehmlich aus Zwickau. Die zweimanualige Orgel mit Pedal, 32 Registern, Schleiflade, mechanischer Ton- und Registertraktur und fünf Kastenbälgen ist ein Zeugnis hoher sächsischer Orgelbaukunst des 19. Jahrhunderts. Die Einflüsse von Gottfried Silbermann sind auch bei der Bauweise von W. F. Jehmlich noch deutlich ablesbar.
In den folgenden 140 Jahren wurden einige kleinere und auch größere Reparaturen am Instrument notwendig. Dabei unterlagen auch manche Veränderungen dem jeweiligen Zeitgeschmack. 1898 wurden von Orgelbauer Emil Müller aus Werdau drei Zusatzschleifen angebaut, auf denen im Oberwerk Aeoline 8' und Oboe 8' und im Hauptwerk Trompete 8' hinzugefügt wurden. E. Müller erneuerte auch Manual- und Pedalklaviaturen und veränderte durch Eingriffe am Pfeifenmaterial den Gesamtklang der Orgel.
Während des Ersten Weltkrieges mussten unter Androhung hoher Strafen die Prospektpfeifen fast aller Orgeln wegen ihres hohen Zinngehaltes an die Rüstungsindustrie abgegeben werden. Deshalb stand auch die Lengenfelder Orgel für einige Zeit ohne Prospektpfeifen recht trostlos in der Kirche. Nach dem Krieg war es für lange Zeit nur noch möglich, minderwertige Prospektpfeifen aus Zink anzuschaffen. 1927 konnte ein modernes Gebläse für die Balganlage installiert werden. Damit wurde die jahrhundertealte, mühevolle Tätigkeit der Bälgetreter nur noch bei Stromausfall benötigt. Allerdings war die Windversorgung für die Orgel durch das Gebläse im Zusammenhang mit dem Kastenbalg recht mangelhaft. Dieser Umstand wurde aber auf Grund der Arbeitserleichterung über acht Jahrzehnte von den Organisten und der Gemeinde toleriert.
Aus Anlass des 100-jährigen Kirchweihjubiläums 1964 überarbeitete die Orgelbaufirma Jehmlich aus Dresden die Orgel in größerem Umfang. Dabei wurden im Zuge neobarocker Strömungen die Register Aeoline 8' und Oboe 8' durch Krummhorn 8' und Zimbel 2-fach ersetzt. Durch den weiteren regelmäßigen Gebrauch des Instruments machten sich in den Folgejahren zunehmend Abnutzungserscheinungen und Störungen bemerkbar. Manche Register konnten schon längere Zeit gar nicht mehr benutzt werden. Um das wertvolle Instrument für zukünftige Generationen erhalten zu können, wurde eine Generalüberholung dringend notwendig.
Nach langen Vorbereitungen konnte im Jahr 2007 mit der Restaurierung und Generalüberholung unserer Orgel durch die Dresdner Orgelbaufirma Jehmlich begonnen werden. Dem Ausbau des gesamten Pfeifenwerkes und der mechanischen Spiel- und Registertraktur folgte die Restaurierung des Orgelgehäuses durch die Restaurationsfirma Brasche aus Lengenfeld. In großer Geduld wurde unter Verwendung von Ammoniak die 1939 aufgebrachte Farbgebung wieder abgelöst.
Die darunter recht gut erhaltene Holzbemalung von 1864 musste nun in zeitaufwendiger Kleinarbeit retuschiert und anschließend mit einer farblosen Lasur überzogen werden.
Zum Abschluss wurde an den ursprünglichen Stellen die Vergoldung neu aufgebracht. Zur gleichen Zeit waren die Orgelbauer in der Dresdner Orgelwerkstatt damit beschäftigt, alle Pfeifen zu reinigen, auszubeulen, nachzulöten und zum großen Teil ein Stück anzulängen, um die ursprüngliche Stimmtonhöhe von 440 Hz wieder zu erreichen. Das Anlängen der Pfeifen war notwendig, um zusammen mit anderen Instrumenten musizieren zu können. Zwei Register – Oboe 8' und Terz 1/3 – wurden neu angefertigt. Diese sollen die nicht stilechten Register Krummhorn und Zimbel ersetzen. Die nicht originalen und reparaturbedürftigen Klaviaturen wurden durch Neubauten im Stile W. F. Jehmlich ersetzt. Diese Rekonstruktion wurde möglich durch Untersuchungen an Vergleichsinstrumenten und das Auffinden einer einzelnen Pedaltaste im Orgelinneren. Sämtliche Ventile mussten neu beledert werden, um eine optimale Winddichtheit zu erlangen. Weitere unzählige mechanische Teile wurden gereinigt, repariert oder auch neu angefertigt. Anfang Juni 2009 konnten mit einem großen LKW alle Orgelteile wieder nach Lengenfeld gebracht werden. Alles wurde auf zwei Emporen verteilt und übersichtlich gelagert. Besonders bei Transport und Lagerung der rekonstruierten Prospektpfeifen war äußerste Vorsicht geboten, denn jede Beschädigung würde später die Gesamtorgelansicht stören. Jetzt gab es noch einmal gründliche Reinigungs- und Reparaturarbeiten in der Orgel. Besonders die Überarbeitung der Windladen war viel aufwendiger als vermutet. Der sonst handwerklich sehr gewissenhafte Erbauer der Orgel hatte an diesem sensiblen Teil der Mechanik etwas am Material gespart, was sich nun als deutlicher Nachteil herausstellte. Parallel zu diesen Arbeiten wurde in dem hinter der Orgel befindlichen Raum die historische Kastenbalganlage wieder gangbar gemacht. Statt mit elektrischem Gebläse – was für Kastenbälge nachteilig ist – wird nun die frühere Arbeit der Bälgetreter mit Hilfe eines Elektromotors für jeden der fünf Bälge betrieben. Das garantiert bei zuverlässiger Steuerung eine optimale Windversorgung für die Orgel. Dieses System wird erst seit wenigen Jahren im Orgelbau angewandt. Die Windanlage unserer Lengenfelder Orgel dürfte zurzeit die größte Anlage solcher Bauart in Deutschland sein. Nachdem die Balganlage installiert war, alle Windkanäle abgedichtet und alle mechanischen Teile für eine zuverlässige Funktionsweise der Orgel eingebaut waren, konnte nun mit der aufwendigen Arbeit der Intonation und Stimmung von über 2150 Pfeifen begonnen werden. Jede Pfeife musste mehrfach eingebaut, angehört, herausgenommen, bearbeitet und wieder eingebaut werden, bis sie den klanglichen Anforderungen entsprach. Nach Beendigung dieser langwierigen Tätigkeit und noch mancher kleiner Korrekturen kann das Instrument in seiner prächtigen Klangvielfalt wieder seinem feierlichen Zweck dienen und Gott zur Ehre erklingen.