Lengenfeld hat sich durch seine günstige Lage in einem Seitental der Göltzsch schon recht früh vom Dorf zum Marktflecken entwickelt und erhielt eine eigene Kirche, die sich unterhalb des heutigen Gotteshauses auf dem Kirchplatz befand. Schon 1519 wurde die Reformation eingeführt, 1545 erfolgte die Abtrennung von Treuen als eigene Pfarrei.
Die aufstrebende Stadt hat ihre Entwicklung vor allem dem Tuchmachergewerbe zu verdanken, mit der Industrialisierung wurde daraus eine stark wachsende Textilindustrie. Auch der große Stadtbrand am 10. Mai 1856, dem 52 Hauptgebäude einschließlich der Kirche zum Opfer fielen, konnte daran nichts ändern. Die Chance wurde genutzt, die Stadt neu aufzubauen. Dazu gehörte auch ein bedeutend größeres und würdigeres Gotteshaus.
In den Jahren 1859–1864 baute man auf Zukunft hin die neoromanische Emporenkirche im italienisierenden Stil. Der markante neogotische Turm erhebt sich 66 Meter über die Steinterrasse mit der imposanten Freitreppe. Die neue Kirche wurde gegenüber der alten in westliche Richtung gedreht, so dass sich der Altarraum, unüblich im Kirchenbau, nach Westen erstreckt. Baumeister war Prof. Christian Friedrich Arnold aus Dresden, ein Schüler von Gottfried Semper. 1939 erfolgte eine erste Innenrenovierung der Kirche, dabei wurde die alte Vielfarbigkeit mit einer weiß-rot- goldenen Farbgebung übermalt. Es begann der 2. Weltkrieg, den die Kirche trotz eines Granatenbeschusses am 17. April 1945, dem Tag der Befreiung Lengenfelds, ohne wirklich große Schäden überstand.
In der Zeit des Sozialismus hatte man so gut wie nie Baukapazitäten für »die Kirche« übrig. Trotzdem wurde viel am Gebäude getan –ehrenamtlich und in oft abenteuerlichen Sondereinsätzen der Gemeinde. In den 1980er Jahren stürzten Sandsteinteile von den Lisenen und Eckfialen des Turmes ab. Die Lengenfelder Kirche blieb dennoch das Wahrzeichen der Stadt. Vom quadratischen Turm, der im oberen Teil in ein Achteck übergeht, spielte schon damals jeden Sonnabend der Posaunenchor, um die frohe Botschaft musikalisch in die Stadt zu tragen. So ist es bis heute geblieben.
In der Zeit der friedlichen Revolution 1989 bewährte sich die Kirche als der zentrale Versammlungs- und Hoffnungsort. Mitte der 1990er-Jahre konnte man endlich auch die Sanierung des Gotteshauses beginnen. So wurde der Turm komplett erneuert, mit dem Austausch vieler Sandsteine, ebenso das Dach und die Außenhaut der Kirche. Als großes Glück erwies sich, dass bei der Innensanierung ein Nachfahre des Gestalters von 1864 als Restaurator tätig war. Die originale Farbgebung von 1864 wurde wieder hergestellt. 2009 konnte die kostbare Jehmlich-Orgel generalüberholt werden. Danach erfolgte die Restaurierung von Altar und Kanzel, 2014 die Anschaffung eines neuen Heizungskessels, 2015 schließlich die Erneuerung der großen Außentreppe. Weitere Arbeiten sind geplant. Wir wollen das Erbe unserer Vorfahren im Glauben für die nachfolgenden Generationen erhalten, damit sich die Gemeinde auch in Zukunft versammeln und die Botschaft der Liebe Gottes weitergesagt werden kann.
Ein Besuch der Kirche ist auch außerhalb der Veranstaltungen möglich (Schlüssel und Infos im Pfarrhaus, Kirchplatz 2, Tel.: 037606/2617). Bei einer Turmbesteigung erhält man einen einmaligen Blick über Lengenfeld.
Das große Gemeindehaus der Kirchgemeinde Lengenfeld wurde 1927 gebaut und 1928 eingeweiht. Namensgeber ist Lengenfelds berühmtester Sohn Constantin von Tischendorf (1815–1874), der eine der ältesten Handschriften der Heiligen Schrift im Katharinenkloster auf der Halbinsel Sinai entdeckte. Nach ihrem Fundort wird sie »Codex Sinaiticus« genannt (ca. 350 n. Chr. in griechischer Sprache).
Das Tischendorfhaus bietet jede Menge Platz. Im großen Saal feiern wir im Winterhalbjahr Gottesdienst. Es treffen sich die Lengenfelder Gemeindekreise, Kinder-, Jugend- und musikalische Gruppen. Auch der Jugendkeller wird regelmäßig genutzt. Wir freuen uns auch über die großzügige Gemeindeküche und die neu gestaltete behindertengerechte Sanitäranlage.